von Alexander Dohl

Madrid, London, Brüssel, Paris, Berlin… – das Thema „Terrorismus“ drängt sich in das Leben unserer Schüler und Schülerinnen. Es treibt sie um; sie wollen darüber nachdenken und sprechen. Diesem Wunsch sollten wir an unseren Schulen Raum geben. Wertvolle Impulse kann das nun in der Zoom-Reihe erscheinende Theaterstück „Terror“ von Ferdinand von Schirach (*1964 in München) geben.

Ein Terrorist kapert ein Passagierflugzeug mit 164 Menschen an Bord auf dem Flug von Berlin nach München. Er zwingt die Piloten, Kurs auf die mit 70.000 Menschen gefüllte Allianz-Arena in München zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt der Luftwaffen-Major Lars Koch das Flugzeug ab, um damit die Leben der Menschen im Stadion zu retten. Alle Passagiere der Lufthansamaschine kommen dabei ums Leben. Der Mann muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten.

Werkorientierte Ansätze

In der anstehenden Gerichtsverhandlung, die ansatzweise auch im szenischen Spiel nachvollzogen werden kann, werden unsere Schüler und Schülerinnen zu mündigen Teilhabern und Teilhaberinnen des Geschehens, zu Schöffen, Laienrichtern, die über den Angeklagten Lars Koch zu Gericht sitzen. Das macht den Reiz des Stücks aus und es ermöglicht, im abstrakten Raum einer Fiktion existenzielle Fragen zu stellen:

Dürfen wir Unschuldige töten, um andere Unschuldige zu retten? Darf man Leben gegen Leben abwägen? Urteilen wir auf Grundlage unseres „gesunden Menschenverstandes“ oder unserer demokratischen Verfassung? Wie gehen wir mit den Schutzrechten des Individuums (z. B. der Menschenwürde) angesichts der Terrorgefahr um? Etc.

Die Jugendlichen können dabei sowohl in ihrer Rolle als auch schon vorab – vor der Berufung – pointiert Stellung beziehen und Argumente mit plausibler Begründung formulieren, entfalten und durch geeignete Belege, Beispiele und Beweise stützen.

Auch bietet es sich an, Argumente, die sich in den Einlassungen des Angeklagten, der Zeugen und Zeuginnen und in den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung finden (siehe Sammlung im Nachwort), auf ihre inhaltliche, sprachliche und formale Stringenz hin zu prüfen. 

Kontextorientierte Ansätze

Um Prämissen der Argumentationen zu reflektieren, ist es von Nutzen, den Kontext miteinzubeziehen. Dabei können sich die Lernenden einerseits mit juristischen Hintergründen, z. B. dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 2006 zu § 14 Abs. 3 des Luftsicherheitsgesetzes (2005), anderseits mit philosophisch-ethischen Argumentationsmodellen, z. B. der deontologischen und teleologischen Ethik, auseinandersetzen.

Rezeptionsorientierte Ansätze

Auch wenn es weniger um das Ergebnis, als vielmehr um die Auseinandersetzung geht, dürfte es für die Schüler und Schülerinnen interessant sein, über das Klassenurteil zu sprechen und dieses mit den deutschlandweiten Abstimmungsergebnissen zu Ferdinand von Schirachs Theaterstück (vgl. terror.theater/) zu vergleichen. 

Last, not least bieten sich auch eine Analyse und ein Vergleich mit dem gleichnamigen Fernsehfilm des Regisseurs Lars Kraume an. Die Beschäftigung mit der umfangreichen Filmkritik und der Filmtheorie bietet zudem weitere Perspektiven auf das Werk. 

Abschließend lässt sich sagen: „Terror“ kann und möchte ein Diskussionsforum bieten, um mit den Schülerinnen und Schülern darüber nachzudenken, wie wir in Zukunft leben wollen.

Ferdinand von Schirach
Terror. Ein Theaterstück
152 Seiten
978-3-12-666923-8