Ein Interview mit der Autorin Petra Postert

Blog LfL: Ihr Buch  „Das Jahr, als die Bienen kamen“ bietet eine Vielfalt an Themen, an die im schulischen Deutschunterricht angeknüpft werden kann: Die zwölfjährige Josy erbt von ihrem Großvater einen Bienenstock und steht damit vor ganz neuen Herausforderungen. Sie lernt nicht nur die Bienen, sondern vor allem auch ihrer eigenen Familiengeschichte besser kennen. Sie macht eine spannende Entwicklung durch: von Trauer, über Rebellion gegen die Eltern bis zum Kampf für Gerechtigkeit. An welchem Handlungsstrang haben sie am längsten gearbeitet?

PP: Josys Geschichte mit all ihren Verästelung war weniger das Problem. Vieles ergab sich beim Recherchieren und Schreiben fast von selbst. Schwieriger war es mit den Bienen-Passagen, denn ich wollte auf keinen Fall nüchterne Sachtexte einschieben. Das hätte den Lesefluss empfindlich gestört. Und das Buch ist ja kein Sachbuch mit einer netten Story drumherum, sondern es ist ein Roman, also in erster Linie eine hoffentlich gute Geschichte, natürlich solide und fundiert recherchiert, aber vor allem literarisch erzählt. Und deshalb musste ein ganz eigener Ton für die Bienenwelt gefunden werden, das war nicht leicht, da habe ich manches ausprobiert.  

Blog LfL: Ihrem Buch gelingt es auf unaufdringliche und spannende Art und Weise Sachwissen über Bienen und Imkerei zu vermitteln. Haben Sie einen persönlichen Bezug zu Bienen. Wie ist die Idee entstanden, das Jugendbuch auch aus Perspektive der Bienen zu erzählen?

PP: Mein Großvater, ein Tischlermeister, hatte viele Jahre Bienen gehalten, aber lange bevor ich geboren war. Einmal, ich war vielleicht sechs, sieben Jahre alt, entdeckte ich auf dem Dachboden über der Werkstatt die hölzernen Kästen mit den alten Waben darin. Ich zog sie heraus, betrachtete sie, roch daran, interessierte mich dann aber nicht weiter dafür, sondern viel mehr für die wilde Katze, die in einem Karton neben der Bienenbeute ihre Jungen geboren hatte. Ursprünglich hatte ich auch gar nicht vor, ein Buch zu schreiben, in dem Bienen derart präsent sind. Ich wollte eine Geschichte erzählen, in dem ein Junge oder ein Mädchen eine Leidenschaft für etwas entwickelt, für etwas brennt und auch Verantwortung übernimmt. Mehr durch Zufall bin ich dann auf Bienen gekommen. Je mehr ich mich mit ihnen aber beschäftigte, desto mehr wuchs meine eigene Faszination und meine Begeisterung für diese Tiere. Ich habe für dieses Buch sogar eine Imkerausbildung gemacht. Und bald schon war für mich klar, dass es in der Geschichte sehr viele Helden geben MUSS: Josy und eben tausende Bienen. Eigene Bienen aber habe ich mir – bislang zumindest – noch nicht zugelegt. Dafür fehlt mir im Moment einfach die Zeit.   

Blog LfL: Das Buch wurde mittlerweile auf Niederländisch, Spanisch und in noch weitere Sprachen übersetzt. Was denken Sie, welche Aspekte begeistern die jungen Leser:innen am meisten?

PP: Es sind sicher ganz unterschiedliche Aspekte, je nachdem, was die Leserinnen und Leser selbst schon erfahren haben, was sie kennen und woran sie also anknüpfen können. Diese Dynamik zum Beispiel, die sich in Josys Familie mit dem Einzug der Bienen plötzlich entwickelt – darauf lassen sich die Kinder und Jugendlichen bei meinen Lesungen gerne ein. Andererseits ist es aber auch das Neue, das Exotische an der Bienenwelt, das sie fesselt. Denn für viele sind Bienen in ihrer Lebensweise sehr fremd, obwohl es heimische Tiere sind, die wir so viele Monate im Jahr hier, bei uns, beobachten können. Glücklicherweise aber ist die Neugier beim kindlichen/jugendlichen Publikum riesengroß, und ich werde immer auch viel Fachliches gefragt. Allein dafür übrigens hat sich die breite Recherche für das Buch schon gelohnt. Allerdings bemerke ich über die Jahre auch einen sehr positiven Wandel. Anfangs spürte ich viel Unkenntnis, manchmal sogar auch Ablehnung Bienen und anderen Insekten gegenüber. Mittlerweile treffe ich in den Schulen auf „Bienen-AGs“, Klassen, die „Bienen-Projekte“ veranstalten, und das Wissen bei den Kindern und Jugendlichen und vor allem ihre Zuneigung zu den Tieren ist enorm gewachsen. Gerade Letzteres zu erleben, ist manchmal regelrecht berührend. Im Bereich Arten- und Insektenschutz ist in den Schulen viel passiert, auch wird in den Familien offenbar darüber gesprochen. Das ist eine wirklich tolle Entwicklung. In Slowenien übrigens, wo das Buch seit kurzem auch in Übersetzung vorliegt, ist das Imkern unglaublich populär, es ist sogar ein Wahl-Schulfach!

Petra Postert war Redakteurin für den Rundfunk und ist nun freie Kinder- und Jugendbuchautorin. Ihr Jugendbuch „Das Jahr, als die Bienen kamen“ (2017) war u. a. für den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis und den Prix Chronos.