von Michaela Strobel

Lesen ist mehr als das Entziffern von Buchstaben – es ist der Schlüssel zu Bildung, Teilhabe und persönlicher Entwicklung. Das Lesen zu erlernen und die Lesemotivation aufzubauen und zu erhalten ist eine der grundlegendsten Aufgaben von Schule, aber auch von Elternhaus und aller am Leselernprozess Beteiligten. Doch längst nicht immer gelingt dies.

Wie können wir in einer zunehmend digitalen und schnelllebigen Welt Kinder und Jugendliche für das Lesen begeistern? Aktuell stehen uns valide methodisch-didaktische Ansätze zur Verfügung, die Leseförderung effektiver, spannender und wirksamer zu machen. Und dennoch verlässt ca. ein Viertel der Grundschulkinder verlässt die Schule ohne ausreichende Lesekompetenz. An den weiterführenden Schulen sieht es nicht besser aus.

 

Wie also können alle am Leselernprozess Beteiligten, ob Lehrkräfte, Bibliothekarinnen, Eltern oder engagierte Laien Junge Menschen fördern? Welche Entwicklungen prägen die Leseförderung aktuell?

 

Die Leseförderung steht seit geraumer Zeit unter dem Oberbegriff der Lesekompetenz, welche die Fähigkeit beschreibt, Texte zu verstehen, zu nutzen, zu bewerten und über sie zu reflektieren, im weitesten Sinne mit dem Ziel am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Um Lesekompetenz zu erwerben, müssen verschiedene Bausteine trainiert werden, die ineinandergreifen: Leseflüssigkeit, welche eng mit dem Textverständnis korreliert und Lesegenauigkeit.

Um diese Kompetenz zu vermitteln, gilt es immer neue Wege zu gehen und Methoden oder Ansätze auszuprobieren. Dabei müssen neben den gedruckten Büchern auch digitale Medien zunehmend mit einbezogen werden.

In einer zunehmend digitalisierten Welt hat sich die Leseförderung grundlegend gewandelt. Traditionelle Ansätze und innovative Technologien stehen gleichwertig nebeneinander einander sich bestenfalls gegenseitig, um Lesekompetenz umfassend zu fördern.

Lautleseverfahren

Beim Tandemlesen vom Stärkeren profitieren

Das Lautlesetandem hat sich als besonders effektive Methode etabliert. Dabei arbeiten zwei Schüler*innen unterschiedlichen Lesekompetenzen zusammen: Ein lesestärkeres Kind unterstützt ein leseschwächeres beim lauten Vorlesen. Diese Methode fördert nachweislich die Leseflüssigkeit, Lesegenauigkeit und das Textverständnis. Der große Vorteil liegt in der einfachen Umsetzbarkeit und hohen Motivationskraft dieses Ansatzes.

Echolesen

Beim Echolesen liest eine Person laut einen Text vor und die andere liest den Abschnitt verzögert nach. Der Nachlesende imitiert dabei möglichst die Betonung, Geschwindigkeit und Aussprache. Diese Technik zeigt gute Ergebnisse und eignet sich besonders gut für Deutsch als Zweitsprache (DaZ). Das Echolesen kann auch in Form des chorischen Lesens mit mehreren Nachlesenden praktiziert werden.

Vielfältige Anregungen zum Lesetraining wie Lesetheater, Blitzlesen u.a. finden Sie auf der Seite https://zebrafanclub.de

Vielleseverfahren als weitere Ergänzung

Hier ist das Ziel, dass die Schüler*innen möglichst viel lesen, denn je mehr sie lesen, desto flüssiger wird das Lesen. Erreicht werden soll dies durch freie oder angeleitete Lesezeiten, die mit Lektüre nach eigenen Interessen gefüllt werden sollen.

Hamburger Leseband

Ein nachahmenswertes Beispiel aus der Praxis ist das Hamburger Leseband, eine Methode zur systematischen Leseförderung an Grundschulen. Es sieht vor, dass alle Schüler*innen täglich eine verbindliche Lesezeit von 20 Minuten erhalten, die fest im Stundenplan verankert ist und wie ein eigenes Unterrichtsfach behandelt wird.

Während dieser Zeit werden verschiedene Lautlesemethoden wie Tandemlesen, chorisches Lesen oder das Lesen mit Hörbuch eingesetzt, um gezielt die Leseflüssigkeit, das Leseverständnis und die Lesemotivation zu fördern.

Das Viellesen sollte im Idealfall nicht an der Schultür aufhören, sondern in Elternhaus und Freizeit fortgesetzt werden.

Hier bieten sich digitale Formate mit hohem Aufforderungscharakter wie Antolin oder Leseo an, aber auch gemeinsame Lesezeiten in Bibliotheken oder der Familie.

Lesestrategien als Schlüssel zum Leseerfolg

Die gezielte Vermittlung von Lesestrategien wurde inzwischen zu einem festen Bestandteil der modernen Leseförderung. Schüler*innen lernen dabei systematisch Techniken wie:

  • Wichtige Stellen markieren
  • Überschriften beachten
  • Verständnis fortlaufend prüfen
  • Strategien für schwierige Texte entwickeln

Digitale Tools stehen gleichberechtigt neben Printmedien

In den letzten Jahren hat die Digitalisierung die Leseförderung erheblich erweitert. Moderne Technologien wie adaptive Leseplattformen oder KI-gestützte Lesecoaches werden zunehmend in den Unterricht integriert:

Die Technik dient dabei nicht als Ersatz, sondern als Erweiterung klassischer Leseförderung, indem sie individualisiertes Lernen und unmittelbares Feedback ermöglicht. Dennoch sollte man immer bedenken, dass je jünger die Schüler*innen sind, umso wichtiger ein Aufbau von Bindung gerade auch im Kontext von Lesen ist. Es macht immer noch einen Unterschied, ob ein Lob oder eine Ermutigung von einer Lehrkraft bzw. sonstigen Bezugsperson oder von einem Computer kommt. Auch die Reflektion zu, der Austausch über  und Auseinandersetzung mit dem Gelesenen kann von einem digitalen Endgerät kaum geleistet werden.

Leseförderung der Zukunft

Trotz moderner didaktischer Ansätze können immer noch zu viele Kinder nur unzureichend lesen. Es ist daher entscheidend, dass alle Beteiligten – Lehrkräfte, Eltern und andere am Leselernprozess Beteiligte – gemeinsam innovative Methoden und digitale Medien nutzen, um Leseflüssigkeit, -genauigkeit und Textverständnis gezielt zu fördern.

Während Lautleseverfahren und Viellesemethoden nachweislich die Lesekompetenz stärken, bleiben menschliche Bezugspersonen trotz technologischer Fortschritte und Einsatz digitaler Medien unverzichtbar. Die Herausforderung besteht darin, digitale Tools als Ergänzung, nicht als Ersatz erfolgreicher pädagogischer Konzepte zu nutzen.

Leseförderung heute und in Zukunft verbindet bewährte Methoden mit digitalen Innovationen, kreative Ansätze mit systematischer Strategievermittlung. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Kombination dieser Ansätze.

Wenn Sie mit Ihrer Klasse durchstarten wollen, schauen Sie doch mal auf unserer Seite #KlettLesepakt – Gemeinsam Lesekompetenz stärken dort finden Sie weiter Informationen und kostenlose Montagspakete, die Sie sofort im Rahmen von verbindlichen kurzen Lesezeiten an Ihrer Schule nutzen können.