Ihr müsst dem Kind den Weg zum Buch weisen. Denn findet es den Weg als Kind nicht, findet es ihn nie.

Astrid Lindgren

Kinder auf dem Weg zum Leser

Doch wer soll den Kindern diesen Weg aufzeigen? Die Schule, das Elternhaus oder andere Bildungseinrichtungen? Am naheliegendsten ist wohl die Schule. Tatsächlich jedoch findet man die Schulen aktuell fast täglich mit Schlagzeilen wie diesen in den Zeitungen:
„Bundesweit fehlen mehr als 12.000 Lehrkräfte“ (tagesschau.de vom 25.01.2023)
Es gibt keine Tabus mehr: Kommission macht brisante Vorschläge gegen Lehrermangel“ (tagesspiegel.de 27.01.2023)

Kann es da gelingen, über das Einüben von Lesetechniken hinaus noch Lesemotivation und Freude an Büchern zu vermitteln?

Den Elternhäusern wird auch kein gutes Zeugnis ausgestellt. Laut dem Vorlesemonitor der ZEIT, der Stiftung Lesen und der Deutsche Bahn Stiftung von 2022 lesen immer weniger Eltern ihren Kindern vor. In 39% aller Haushalte wird Kindern zwischen einem und acht Jahren kaum oder gar nicht vorgelesen. Wer nicht vorliest wird sich auch später, wenn die Kinder schon selbst lesen können, kaum gemeinsame Lesezeit mit seinem Kind nehmen. Gründe dafür sind vielfältig und korrelieren stark mit dem Bildungsgrad der Eltern sowie der Anzahl der Bücher, die in einem Haushalt vorhanden sind.

Schule und Elternhaus haben einen gemeinsamen Bildungsauftrag. Doch reicht ihr Engagement in der aktuellen Situation mit zahlreichen Problemen wie Lehrermangel, Coronalücken, mangelnde Lese- und Sprachfähigkeit an vielen Stellen nicht mehr aus.

Motivation, die im besten Fall überspringt

Hier kommen die ehrenamtlichen Lesepatinnen und Lesepaten ins Spiel. Nein, sie können nicht die Probleme im Bildungsbereich auffangen, die bereits existieren oder uns in den nächsten Jahren noch bevorstehen, aber sie können in Anlehnung an das afrikanische Sprichwort „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“, einen Beitrag für die Gesellschaft leisten und insbesondere für die zukünftige, denn diese wird aktuell in den Schulen unterrichtet. Innerhalb der Schulen, aber auch im außerschulischen Bildungsbereich stellen Lesepatinnen und Lesepaten eine wertvolle Unterstützung dar. Je mehr unterschiedliche Szenarien es gibt, in denen Lesemotivation entwickelt wird sowie Leseförderung und Leseerziehung stattfinden, umso mehr Chancen entstehen gerade auch für jene Kinder und Jugendlichen, die im Elternhaus wenig bis keine Anregungen im literarischen Bereich erhalten.

Wer sich als Lesepatin oder Lesepate engagiert, ist meist selbst ein begeisterter Leser. Und wer etwas mit großer Begeisterung macht, dem gelingt es auch leichter, diese an andere weiterzugeben.

Ihre Einsatzbereiche finden Lesepatinnen und Lesepaten an Schulen, insbesondere an Grundschulen, aber zunehmend auch an weiterführenden Schulen ebenso wie an außerschulischen Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken und Einrichtungen der Nachmittagsbetreuung.

Lesepatinnen und Lesepaten sind unterstützend tätig und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Bildung von jungen Menschen. Im Vordergrund steht dabei immer der Spaß an Büchern oder auch anderen Medien in einem Kontext ohne Druck und Bewertung.

Was lernen Kinder und Jugendliche nun aber konkret, wenn sie von Lesepatinnen und Lesepaten begleitet werden?

 

  • Sie verbessern ihre Lesefähigkeit, indem sie zunehmend flüssiger lesen. Darüber hinaus bekommen sie durch gemeinsame Gespräche über das Gelesene zunehmend ein größeres Textverständnis.
  • Sie erfahren, dass man mit Büchern sinnvoll Zeit verbringen kann, dass Bücher neue Welten eröffnen können und bauen nach und nach eine Lesemotivation auf, die sie im besten Fall zum eigenständigen Weiterlesen animiert und zum lebenslangen Leser macht. Gerade Schülerinnen und Schüler, die zuhause keine Bücher haben, werden so an den Umgang mit Literatur herangeführt
  • Der Spracherwerb wird unterstützt, indem der Wortschatz durch immer neue Themenfelder erweitert wird. Davon profitieren nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund.  

Lesepatin oder Lesepate – eine Aufgabe für den Ruhestand?

Die Struktur der Lesepatinnen und Lesepaten ist fast überall ähnlich. Sehr viele Menschen, die sich engagieren, sind bereits im Ruhestand und überwiegend weiblich. Ist es nun als perfekte Aufgabe für den Ruhestand anzusehen, sich als Lesepatin oder Lesepate zu engagieren? – Das kann man von verschiedenen Seiten betrachten. Natürlich haben Menschen, die bereits ein Arbeitsleben hinter sich haben viel Erfahrung und auch die Muße, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen als sie es bisher taten. Doch wünschenswert wäre es, wenn auch das Engagement die Bandbreite der Bevölkerung abbilden würde, somit auch jüngere Menschen sich engagieren würden. Auch wäre es gut, wenn mehr Lesepaten gewonnen werden könnten. Insbesondere Jungen brauchen auch männliche Lesevorbilder. Lesen wird von diesen sonst sehr schnell als unmännlich abgetan. Dabei kann Lesen so cool sein.

Lesepatinnen und Lesepaten werden nicht allein gelassen

Viele Engagierte kommen ursprünglich nicht aus pädagogischen Berufen, finden sich in einem für sie neuen Umfeld wieder. In fast jeder größeren Stadt gibt es zahlreiche Initiativen, die die Ehrenamtlichen an die Hand nehmen, Einsatzorte vermitteln, sie in ihrer Arbeit unterstützen und oft auch fachlich begleiten. Auf zahlreichen Seiten im Internet findet man Ideen, Anregungen und Unterstützung.

Informieren über mögliche Standorte kann man sich beispielsweise auf der Homepage von Mentor unter diesem Link oder auch Fortbildungen online oder in Präsenz besuchen. Mehr dazu hier.

Lesetipps geordnet nach Themen, Alter, Mediengruppe bis hin zu Ideen rund um Bücher findet man hier.

Wer sich also mit dem Gedanken trägt, sich als Lesepatin oder Lesepate zu engagieren, sollte nicht zu lange zögern, sondern einfach mal loslesen.